Als ich mit 17 Jahren geheiratet hatte, musste ich Klavier spielen. Ich musste meine Frau und später meine Tochter ernähren. So habe ich Unterhaltungsmusik gemacht. Ein paar Freunde von
mir und ich hatten schon vorher eine Gruppe gegründet.
Damals - Ende der sechziger Jahre - waren solche Gruppen in Mode. Wir dachten, warum nicht auch wir? Ich war damals 15 Jahre alt und der jüngste der Band. Die anderen waren ein paar Jahre
älter - so zwischen 20 und 25. Wir kamen damals regelmäßig in einer Hütte zusammen, die hinter einem Restaurant lag, das von den Eltern des Schlagzeugers Jean-Jaques Perroy betrieben wurde. Unser
Ansporn war: wir wollten Musik machen. Schon damals ließ ich mir meine blonden Haare wachsen. Es war sozusagen meine Rockerzeit. Ich konnte ja nicht ahnen, dass diese langen blonden Haare und
meine blauen Augen irgendwann das Image des Pianisten Richard Clayderman mitbestimmen würde.
Damals ging ich noch zur Schule, auf das Gymnasium in Romainville. Doch je mehr ich mich der Musik zuwendete, ließ mein Fleiß in der Schule nach und damit auch mein
Erfolg.
Jedes Wochenende spielte unsere Gruppe auf Bällen, Empfängen, Partys usw. Mit dem Geld, das uns diese Auftritte einbrachten, kauften wir immer raffiniertere und teurere Musikgeräte. Ich
war so von der Musik besessen, dass mir die Schule schließlich egal war. Die Strafte folgte auf dem Fuße: Ich wurde vom Gymnasium verwiesen.
Mein Vater beschloss, ich sollte nun endlich was anständiges arbeiten. Er fand schließlich eine Stellung für mich - als Hilfsbuchhalter in einer Bank. Dort habe ich ein Jahr lang
dahinvegetiert. Dabei träumte ich nur von Musik. Und auch der Ruhm unserer Gruppe war längst über den Pariser Vorort hinausgedrungen. Wir waren gefragt.
Nach einiger Zeit verstanden wir uns nicht mehr. Plötzlich gab es Missgunst und Neid. In dieser Krisenzeit meiner Karriere fiel ich dem berühmten Sänger Christian Delagrange auf. Er nahm
mich in sein Orchesterensemble auf. Ich hatte endgültig die Wahl getroffen. Ich gab den Gedanken auf, klassischer Pianist zu werden. Denn natürlich hatte ich insgeheim immer mit diesem Gedanken
gespielt. Nur, meine Eltern hatten nicht das Geld, ein so langes Studium zu finanzieren. Und wie gesagt, ich musste dann für Roseline sorgen. Es blieb mir gar nichts anderes übrig als
Unterhaltungsmusik zu machen.Ich habe dann 7 Jahre lang bekannte Sänger am Klavier begleitet. Damals verdiente ich nur 200 Mark pro Abend. Und das war selten genug.
Sie war 20 und ich 17, als wir uns kennenlernten. Ich sah sie, ihre schwarzen langen Haare, ihre schwarz-braunen Augen, ich war sofort verliebt. Und was auch noch sehr wichtig war, sie
war so selbstsicher und ich so schüchtern. Ich war damals sehr einsam und genoss nun das Zusammensein mit ihr in jeder Minute. Jeder neue Augenblick mit ihr war schöner als der vorausgegangene.
Wir heirateten im Rathaus von Romainville. Mein Vater war gegen diese Heirat. "Du bist zu jung" sagte er immer wieder. Aber ich war verliebt, wie es junge Leute in diesem Alter nun mal sind.
Natürlich weiß ich heute, dass ich tatsächlich für diese Ehe zu jung war. Aber ich bedauere meinen damaligen Entschluss keinen Moment. Denn kam Maud auf die Welt, unsere Tochter. Obwohl ich mich
von Roseline später scheiden ließ, verstehen wir uns immer noch.
1964 war ich 11 Jahre alt - habe ich meinen ersten Preis bei einem Pianowettbewerb am Konservatorium von Romainville gewonnen. 1970 habe ich erneut einen Klavierwettbewerb gewonnen. Aber
das alles hat mir bei meiner persönlichen künstlerischen Karriere eigentlich nicht viel weitergeholfen.
In den Jahren 197 und 1975 machte ich Tourneen mit den Sängern Christian Delagrange, Michèl Sardou, PierreGroscolad und dem Stimmenimitator Thierry le Luron.
Und doch lief alles in gewöhnlichen Bahnen. Ich tingelte und tingelte - aber der große Erfolg wollte sich einfach nicht einstellen.
Doch dann kam der Wendepunkt in meiner künstlerischen Karriere. 1975 traf ich das Autoren-, Komponisten- und Produzentengespann Olivier Toussaint/Paul de Senneville. Ich bekam von beiden
einen Schallplattenvertrag angeboten. Olivier Toussaint pflegt zu sagen, dass ich ab diesem Zeitpunkt wesentliche Fortschritte in meinem Klavierspiel gemacht hätte. Er muss es wissen. Ich glaube,
es war einfach der richtige Zeitpunkt für meine Karriere. Und ich traf auf die richtigen Leute, die an mich glaubten. Das war wichtig. Darauf habe ich so lange gewartet.
Olivier sagte, ich war wie eine Rose, die noch nicht aufgeblüht war. Und dennoch: Beide glaubten noch immer nicht ganz an mein Talent. Auch ich wusste nicht welche Anziehungskraft ich auf
das Publikum haben könnte. Doch in diesen drei Jahren bis zum großen Durchbruch ist in mir irgend etwas passiert.
Vielleicht lag es daran, dass ich so viel gearbeitet habe. Mir ist mein Erfolg nicht in den Schoß gefallen. Und ich tue es auch heute noch. Ich gönne mir kaum eine freie
Minute.
Im November 1978 war es dann soweit - der wirkliche künstlerische Durchbruch war da. Und zwar in Deutschland. Meine Interpretation der "Ballade pour Adeline" wurde in einer Folge der ZDF
Krimi Serie "Der Alte" als Backround Musik verwendet. Plötzlich war der Erfolg da - und das nicht nur in Deutschland.
Kurz nachdem sich der Erfolg meiner Schallplatten bestätigte, meinen Paul und Olivier: "Jetzt musst du dich dem Publikum auch persönlich vorstellen. Du musst den direkten Kontakt zu
deinen Fans finden."
Die Entscheidung fiel schwer. Aber ich sah ein, dass der wahre Aufschwung nur so zu bewerkstelligen war. Nur fragte ich mich: Wie wird das Publikum reagieren? Meine Musik streift die
Klassik ja nur, wird das Publikum das auch live im Konzert akzeptieren? Gewiss, ich habe als Begleitung eine Rhytmusgruppe und Streicher, aber das Klavier spielt nun mal die Hauptrolle. Doch der
Pianist verfügt nicht über die Trümpfe, die ein Sänger zum Beispiel auf der Bühen ausspielen kann. So kann sich ein Sänger bewegen, der Pianist ist zwei Stunden lang an das Klavier gefesselt. Er
hat lediglich drei Dinge: Das Instrument, die Melodie und sich selber um das Publikum in Atem zu halten und zu bezaubern.
Die Agentur "Mama Concerts" in Frankfurt bot uns eine zweiwöchige Tournee durch Deutschland und Österreich an. Und zwar für den Mai 1979.
Ich begann zu arbeiten, mich auf diese Tournee vorzubereiten. Ich übte sechs bis acht Stunden am Tag. Das Orchester setzte ich aus meinen Freunden zusammen, mit denen ich früher gespielt
habe.
Das erste Konzert fand in Wien im Konzerthaussaal statt. Aber 2000 Plätze! Bin ich überhaupt in der Lage so viele Menschen anzulocken? Wieviele werden kommen? Wie werden sie mich
empfangen?
Ich tat so, als würden mich solche Fragen nicht beunruhigen. Aber das Herz klopfte bis zum Hals.
Es wird die Stunde X eingeläutet, jeder Countdown, der zehn Minuten später den Beginn der Vorstellung folgen lässt. Es klingelt ein zweites Mal. Schrecklich. Olivier schaut sich in den
immens großen Saal an, der sich allmählich mit Publikum füllt. Kinder mit Papa und Mama, Jugendliche, Erwachsene, alte Leute. Der Saal ist proppenvoll. Das steigert auch Oliviers Angst, die sich
auf mich überträgt. Wir alle fragen uns: Werden wir die Erwartungen erfüllen können, werden wir das Publikum zufriedenstellen? Und ich, Philippe Pagès alias Richard Clayderman, bin ganz allein.
Alles hängt ja nur von mir, von einer einzigen Person ab.
Ich trete auf. Man hat mir einen Smoking verpasst, obwohl ich Jeans und offene Hemden lieber trage. Ich wage keinen Blick ins Publikum zu werfen. Ich verbeuge mich, ohne auch nur einen
einzigen Menschen zu sehen. Ich setze mich an den Flügel. Ich überprüfe noch einmal den richtigen Standort des Klavierhockers. Reibe meine Hände. Und dann beginne ich zu spielen. Ich spiele den
"Liebestraum" von Liszt. Plötzlich spüre ich die Masse nicht mehr. Bin ganz und gar von der Musik beseelt.
Nach der letzten Note erwache ich durch einen Applaus, wie ich ihn noch nie gehört habe. Gilt er mir, frage ich mich irritiert. Ich merke nur, dass etwas auf die Bühne fliegt. Später
sagte man mir, dass es ein Blumenstrauß war. Ich vermag mich nicht von meinem Platz zu rühren. Mein sonst eher blasses Gesicht glüht. Aber es ist keine Freude. Eher Verwirrung. Was soll ich bloß
tun? An alles hat man vorher gedacht. Nur nicht an dieses Detail. In meiner Verzweiflung denke ich: einfach weiterspielen. Spiel einfach weiter. Das Konzert lief ab, als hätte ich schon immer vor
2000 Leuten gespielt. Der Zwischenapplaus der Zuhörer nahm mir allmählich meine Angst. Ich wurde sicherer.
Am Schluss spielte ich die "Ballade pour Adeline". Danach tobte der Saal. Olivier rief mir aus der Kulisse zu : "Los fang wieder an". Auch darauf war ich nicht gefasst. Ich hob meine
Hände, und es war plötzlich mucksmäuschenstill in der Halle. Ich spielte die Ballade einmal mehr, noch einmal und noch einmal. Ich konnte nun einfach nicht mehr. Ich stand auf und machte irgend
so etwas wie eine Verbeugung und raste hinter die Bühne. Olivier schob mich wieder raus. "Bist du verrückt", genieße den Beifall. Ich ging raus. Zum ersten Mal wage ich dem Publikum ins Auge zu
blicken. Und da standen sie und schrien. Falls alle waren aufgestanden. Junge und Mädchen stürzten zur Bühne und bewarfen mich mit Blumen. Ich konnte sie gar nicht so schnell aufheben wie sie mir
entgegenprasselten. Einige der Musiker halfen mir. Mit diesem Blütenberg ging ich wieder ab. Doch Olivier sagte: "Raus! Und vergiss nicht, dich bei den Musikern zu bedanken". Ich wieder auf
die Bühne. Mache eine ungelenke Handbewegung zu meinem Ensemble. Es erhebt sich wieder. Und wieder bricht ein Beifallsorkan aus.
Ich weiß nicht, wie oft ich nach draußen gegangen bin. Der Beifallsturm erschöpfte mich. Ich sagte schließlich zu Olivier: "Ich kann wirklich nicht mehr". Und er drücke meinen Arm, küsste
mich auf die Wange und sagte: "Es ist ja auch genug. Es war ein Triumpf. Wir haben gewonnen".
Ich habe gelernt wie man Beifall entgegennimmt. Ich habe ganze Sätze in Deutsch, Spanisch, Englisch und Japanisch auswendig gelernt, um mich bei meinem Publikum zu
bedanken.
Ich werde dieses erste öffentliche Konzert meines Lebens nicht vergessen.
Auch wenn ich ein verbissener Arbeiter bin, auch wenn ich monatelang um die Erde von Konzert zu Konzert hetze, so bin ich doch ein Mensch, der am liebsten zu Hause ist. Ich brauche Ruhe,
Wärme und Zärtlichkeit. Ich bin sehr sensibel und brauche ein Nest, in das ich mich zurückziehen kann.
Nach ungefähr 5 Jahren Ehe mit Roseline hatten sich die Bande zwischen uns gelockert. Mit 17 Jahren hatte ich geheiratet, weil ich damals verliebt war und Maud unterwegs war. Dann kam bei
uns beiden ein gewisser Überdruss auf. Ich war bei meiner Heirat unreif. Durch meinen Beruf war ich nicht oft zuhause. Wenn ich aber heimkehrte, hatte ich das Gefühl, kein Glück zu bringen oder
selber nicht glücklich zu sein. Nur meine Tochter empfing mich mit jener Freude und Zärtlichkeit, die ich brauche.
Wir, Roseline und ich, haben dann beschlossen, uns friedlich zu trennen, uns scheiden zu lassen. Plötzlich war eine innere Leere in mir.
Damals war ich froh, dass meine Mutter noch lebte. Zu ihr kann ich immer und jederzeit kommen. Meine Mutter ist stolz auf mich, weil ich Erfolg habe.
Zu Beginn des Jahres 1978 arbeitete ich im Theater Bobino als musikalischer Begleiter von Thierry le Luron. Mein Vertrag lief über 6 Monate. In dieser Zeit habe ich einige Freundschaften
geschlossen. Darunter war Madame Buthier. An einem Märzabend kam ihre Tochter Christine zu ihrer Mutter hinter die Bühne. Als ich ihr das erste Mal hinter den Kulissen begegnete, war ich sofort
verliebt. Vor allem ihre dunklen Augen, aber auch ihre Anmut und Frische hatten es mir angetan.
Christine war eine hervorragende Friseuse und arbeitete beim berühmtesten Coiffeur von Paris - bei Alexandre. Mein Herz war frei. Das von Christine ebenfalls. Es war bei uns beiden Liebe
auf den ersten Blick. Wir heirateten am 30. Juni 1980. Am Tag unserer Hochzeit war der Himmel über Paris strahlend blau. Ich hatte Olivier gebeten: "Bloß nicht so viele Journalisten!". Aber die
Menschenmenge vor dem Vorplatz des Rathauses im 19. Pariser Stadtbezirk wuchs immer mehr an. In Paris spricht sich alles herum.
Meine Mutter, meine Schwester und mein Schwager erscheinen als erste. Kurz darauf Madame Buthier, begleitet von ihren vier Söhnen und Christines Schwester.
Ja, und dann kommen Christine und ich. Der Couturier Renoma hat sie in eine Art Smoking aus weißem Crèpe Georgette gekleidet, der ihre schlanke Figur noch betont. Sie trägt eine Hemdbluse
aus weißem Musselin. Eine plissierte Halskrause umgibt ihr Gesicht. Ich selber trage einen kastanienfarbenen Anzug, der Olivier meint, gut zu meinen blonden Haaren passt.
Nachdem der Bürgermeister die Trauungszeremonie vollzogen hat, feiern wir im Schloss des Pré Catelan, das mitten im Bois de Boulogne liegt und von Blumen und Bäumen umgeben ist.
Zahlreiche Persönlichkeiten von Rundfunk, Fernsehen, Presse und Film sind dabei, als Christine und ich die riesige Hochzeitstorte gemeinsam anschneiden. Ich bin sehr, sehr glücklich in diesem
Moment.
Doch was normalerweise nach einer Hochzeit kommt, fiel ins Wasser: Die Hochzeitsreise. Ich muss gleich nach der Trauung und dem anschließenden Fest nach Japan aufbrechen, um dort 25
Konzerte zu geben. Christine begleitet mich. Das freut mich sehr, aber Flitterwochen sind das nicht, sondern harte Arbeit.
Richard hat seine jetzige Ehefrau Typhaine im Mai 2010 geheiratet. Seit 11 Jahren waren sie aber bereits ein Paar. Sie ist 15 Jahre jünger als Richard. Kennengelernt haben sie sich 2001 während einer Tournee. Typhaine spielt Geige. Typhaine besitzt außerdem ein Massagestudio für chinesische Heilkunst und behandelt dort Mensch und Tier. In den Genuss einer Massage kommt auch Richard wie man auf den Fotos sieht und Hund Cookie. "Ich war noch nie so glücklich", strahlt der Musiker. "In Typhaine habe ich die große Liebe gefunden!" Am meisten genieße er, dass seine Frau seine Leidenschaft für Musik teile und sein Leben verstehe. "Sie ist innerlich sehr stark und macht mir niemals Vorwürfe. So etwas kannte ich bis dahin nicht."
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